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Lex S21: Getroffene Hunde – und Ewiggestrige – bellen
Immer kuriosere Züge nimmt die Diskussion um die davon schwimmenden S21-Felle wegen des inzwischen rechtlich unmöglich gewordenen Baus des Rosensteinviertels an. Sprache und Reaktionen aus der Provinz zeigen, dass man zu früh das Fell des Bären verteilt hat. Leider schadet die Wortwahl in einigen Aussagen konkret weiter dem Ansehen von Demokratie und Justiz. Deshalb ruft das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 die Beteiligten bei aller Enttäuschung zur Mäßigung und gegenseitigem Respekt auf.
In diesem Sinne bedenklich ist insbesondere die Aussage des Stuttgarter Oberbürgermeisters Dr. Frank Nopper, der Bundestag – nach dem Grundgesetz eines der höchsten Verfassungsorgane – habe im „Zustand kollektiver (!) legislativer Verirrung“ ein Gesetz beschlossen. Damit wird in populistischer Weise Misstrauen gegen demokratische Prozesse geschürt.
Wenn der FDP-Landtagsabgeordnete Hans Dieter Scheerer erklärt „Wir brauchen keinen oberirdischen Bahnhof“, so vermutet man als erstes, dass er nicht mit der Bahn fährt und ihm ein zuverlässiger und leistungsfähiger Bahnhof egal ist. Man denkt an seine Parteifreunde im Bund, die lieber Autobahnen als Bahnstrecken ausbauen, und an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), der seine CO2-Ziele nicht einhält und damit gegen Klimagesetze verstößt. Man wird an das Ausbremsen von nötigen Maßnahmen des Klimaschutzes und an die Verharmlosung der Erderhitzung erinnert. Wenn dann dieser Landespolitiker noch davor warnt, „dass Teile des oberirdischen Bahnhofs in Betrieb bleiben“, so hat er sich offenkundig nicht informiert, dass der künftige Tiefbahnhof die versprochene Leistung nicht schafft und zur angestrebten Verdoppelung der Passagierzahlen zwingend oberirdische Gleise bleiben müssen.
Die Lobbyisten Joachim Rudolf und Ulrich Wecker von Haus&Grund entlarven sich durch ihre Wortwahl selbst. Denn wer unfähig ist, Planungen aus dem letzten Jahrtausend auf den Prüfstand der zwischenzeitlichen Entwicklungen und Erkenntnisse zu stellen, ist selbst ewig gestrig. Und wer mit religiösem Bezug diejenigen der Rechthaberei bezichtigt, die sich auf demokratisch beschlossene Gesetze berufen, der richtet sich selbst. Dazu Dieter Reicherter, Sprecher des Aktionsbündnisses: „In meinem langen Berufsleben als Staatsanwalt und Strafrichter musste ich vielen Rechtsbrechern erklären, dass Gesetze für Alle gelten, und mit Strenge für Gerechtigkeit sorgen. Auch Lobbyisten müssen sich an Recht und Gesetz halten.“
Ewiggestrig ist auch, wer sich zur Begründung, warum ein an seinen eigenen Schwächen gescheitertes Projekt trotzdem irgendwie weitergeführt werden muss, auf eine Volksabstimmung aus dem Jahr 2011 beruft. Abgesehen davon, dass schon nach damaliger Auskunft der Landesabstimmungsleiterin das Ergebnis keinerlei rechtliche Wirkung hatte, sind die Fakten längst über die damaligen falschen Verheißungen hinweggegangen.
In der hitzigen Auseinandersetzung wird total übersehen, dass ein leistungsfähiger und zuverlässiger Schienenverkehr in ganz Deutschland seit jeher vom Grundgesetz ausdrücklich als Aufgabe des Gemeinwohls garantiert wird. Die jetzige gesetzliche Klarstellung als „überragendes öffentliches Interesse“ ist nur folgerichtig. Es verstößt gegen den Geist dieses Gesetzes, wenn Stuttgart eine Extrawurst fordert und in einer extrem angespannten Finanzlage die Milliardenkosten der S21- Fehlplanungen den Haushalten des Bundes und anderer Städte und Regionen anzulasten versucht.
Das Aktionsbündnis ruft daher zu sachlicher Diskussion und Information auf und ist zu Gesprächen mit allen Beteiligten bereit. Es erwartet nicht nur von der Politik, sondern von Allen, die sich zu Wort melden, eine Bereitschaft zum fairen und rationalen Austausch. Wenn – wie beispielsweise von der Industrie- und Handelskammer Stuttgart – Bitten um ein Gespräch noch nicht einmal beantwortet werden, so ist auch dies eine Verhaltensweise von Ewiggestrigen.
Kontakt: Dieter Reicherter 07192 930522 oder 0151 263 711 31, Werner Sauerborn 0171 320 980 1