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Revision des § 23 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) vorerst gescheitert

Gut für Stuttgart und gut für den Bahnverkehr

Die maßgeblichen Umwelt- und Verkehrsverbände und mit ihnen das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 sind erleichtert, dass die Versuche, die seit Anfang 2024 geltende Novellierung des AEG noch in dieser Legislaturperiode zu entkernen, gescheitert sind. Der neugefasste § 23 ist ein bahnpolitischer Meilenstein, weil er Schluss macht mit der fast ungebremsten Entwidmung von Bahninfrastruktur, die seit Jahrzehnten in großem Stil zum Abbau von Gleisen, Überholstrecken und Weichen geführt hat. Darin sehen alle Bahnexpert*innen den Hauptgrund für die Malaise der Bahn.

Bündnissprecher Martin Poguntke: „Wenn OB Nopper (CDU) in seiner Presseerklärung dazu sogar tatsächlich fordert, dass Wohnungsbau „grundsätzlich Vorrang“ vor Bahnnutzung haben sollte, fragt sich, ob Nopper der Komplexität einer Großstadt gewachsen ist. Eine Großstadt braucht schließlich funktionierenden Bahnverkehr mindestens so dringend wie Wohnungsbau. Zudem können Wohnungen – im Unterschied zu Bahngleisen – an vielen anderen Stellen der Stadt gebaut werden. Wohnungsbau darf nicht zulasten von Verkehrswende und Klimaschutz gehen, zumal wenn Wohnungen erst in den vierziger Jahren – und auch noch zu horrenden Mieten – entstehen würden.“

Die Verantwortlichen in Stadt und Land haben gewusst oder hätten wissen können, dass die Stadt Stuttgart „gewidmete“ – und damit für die Bebauung unsichere – Gleisflächen erworben hat, die selbst nach altem Recht kaum hätten entwidmet werden können. Wenn nun aber bestehende und langfristig denkbar benötigte Gleisanlagen nicht mehr entwidmet werden dürfen, hat das positive Auswirkungen auf den Stuttgarter Kopfbahnhof samt Abstellbahnhof und Gäubahn-Anschluss. Und das ist von größter Wichtigkeit, weil diese Teile für einen funktionierenden Bahnverkehr notwendig sind und durch den Tiefbahnhof nicht ersetzt werden können.

Entgegen dem öffentlich verbreiteten Eindruck verfällt nicht die ganze Stadt in Depression, wenn der Kopfbahnhof erhalten wird und das Immobilienprojekt fürs Erste gestoppt ist. Viele Bürger*innen sind – im Gegenteil – erleichtert, wenn der Kopfbahnhof erhalten wird und sie vor einem klimabelastenden Immobilienprojekt mitten in der Stuttgarter Frischluftschneise, verbunden mit Bodenversiegelungen und Verstößen gegen den Artenschutz, bewahrt werden. Schließlich gibt es in Stuttgart eine ganze Reihe von anderen Möglichkeiten, Wohnungen zu errichten, als ausgerechnet auf den Gleisflächen.

Die Stadt Stuttgart und der Städtetag scheinen sich ihrer Lobbyarbeit für eine Wieder-Aufweichung von § 23 nicht ganz sicher zu sein. Jedenfalls treiben sie eine auffällige Geheimniskrämerei: Die Stadt Stuttgart hält die Begründung für ihre Verfassungsbeschwerde von Ende 2024 unter Verschluss, und der Städtetag hält die Belege dafür zurück, dass bundesweit angeblich 150 Infrastrukturprojekte jetzt nicht mehr realisiert werden könnten.

Poguntke: „Trotz viel sinnlos investierter finanzieller und personeller Ressourcen, sollte die Stadt Stuttgart jetzt nicht in ideologischer Erstarrung verharren. Vielmehr sollte sie sich auf dem Boden der Realitäten und in Kooperation mit der Bahn um Erhalt und Ausbau der bestehenden Bahninfrastruktur bemühen und zeitnahe Lösungen für bezahlbaren Wohnraum angehen. Vor allem aber ihren Widerstand gegen ein sinnvolles Gesetz aufgeben, das die Sanierung der Bahn und die Verkehrswende auf die Schiene unterstützt.“

Kontakt:
Martin Poguntke, 0151 403 602 56
Werner Sauerborn, 0171 320 98 01