(hier die Pressemitteilung als pdf-Datei)

Nach dem vorläufigen Scheitern der Bahn im Rechtsstreit um die ungedeckten Stuttgart21-Mehrkosten

Gemeinsam Verantwortung übernehmen für gemeinsam angerichteten Schaden!

(Karikatur: Friederike Groß)

Die Beteiligten sollten ehrlicherweise einräumen, dass sie alle spätestens seit Anfang der 10er Jahre von den Kostenüberschreitungen wussten oder wissen konnten, statt auf hohem juristischem Niveau darum zu zanken, ab wann wem der Projektpartner die Kostensteigerungen über die bereits finanzierten 4,5 Mrd. hinaus bekannt waren. Denn bereits im November 2008 prognostizierte der Bundesrechnungshof eine Kostensteigerung um 2 Mrd. € und damit die Überschreitung der von der Bahn definierten Sollbruchstelle von 4,5 Mrd. €. Ähnlich das Umweltbundesamt im August 2010 und das von den Grünen beauftragte Ingenieurbüros Vieregg & Rößler einen Monat später. Und im April 2011 wurde schließlich die Risiko-Liste des damaligen DB-Chefplaners Hany Azer bekannt, die vor Mehrkosten von 2,1 Mrd. € warnte.

Trotzdem haben die Projektpartner, allen voran die Stadt Stuttgart und das Land, inzwischen unter Grüner Führung, öffentlich und in jeder Lenkungskreissitzung auf den Weiterbau von Stuttgart21 gedrängt. „Wer sich gemeinsam wissentlich und willentlich trotz erkennbarer Kostenüberschreitungen immer wieder für die Fortführung des Projekts eingesetzt hat, muss auch gemeinsam für den entstandenen finanziellen Schaden einstehen“, so Bündnissprecher Dieter Reicherter.

Die Projektpartner sind nicht nur gemeinsam verantwortlich für Milliarden-Mehrkosten, sondern auch für den kompletten Kontrollverlust über das Projekt. Statt einen krisenfesten Konfliktlösungsmechanismus haben sie eine diffuse „Sprechklausel“ vereinbart. Beabsichtigt oder nicht – damit wurde ein jahrelanges Schwarze-Peter-Spiel eröffnet, derweil man ungeniert weiterbauen konnte. Gemeinsam haben die Projektpartner auch einen Lenkungskreis etabliert, der allerdings „nichts lenkt“, sondern offensichtlich lediglich ein Abnick-Gremium darstellt. Jedenfalls stellte Richter Kern süffisant fest, dass er leichtfertig ohne nähere Prüfung einfach die Mittel und damit den Weiterbau freigegeben hatte.

Nachdem die Bahn nun beabsichtigt, in Revision zu gehen, warnt Dieter Reicherter: „Es darf jetzt keinen monströsen Rechtstreit geben, der über alle Instanzen und viele Jahre fortgesetzt wird und in dem hochbezahlte Juristen Millionenkosten bei allen Beteiligten verursachen, die dann am Ende bei den Steuerzahlenden oder den Bahnkunden landen. Es muss jetzt zu einer außergerichtlichen Einigung über eine Kostenverteilung nach dem Verschuldensprinzip kommen. Solange es keine Verständigung darüber gibt, wer wieviel der bisher ungedeckten 7 Mrd. € trägt, dürfen keine weiteren Mehrkosten durch Weiterbauen produziert werden“.

Ein Baustopp wäre auch heilsam, weil in einer Bestandsaufnahme geprüft werden könnte, ob dieses Projekt überhaupt noch zu einem guten Ende führen kann (und zu welchen Kosten) – oder ob es nicht an der Zeit ist, die Tabuisierung der Diskussion über Alternativen aufzugeben. Naheliegend wäre auch, dass die Bahn von sich aus einen Baustopp verhängt, um Kürzungen beim Ausbau des bundesweiten Schienennetzes zu vermeiden.

Kontakt:
Dieter Reicherter, 0151 263 711 31
Werner Sauerborn, 0171 320 980 1