Liebe Freundinnen und Freunde,

Die „größte Kundenoffensive in der Geschichte des DB-Fernverkehrs“ hat DB-Vorstand Homburg bei der Vorstellung eines neuen Zukunftskonzepts seines Konzerns am 18. März angekündigt – und damit bestätigt, was schon vorher durchgesickert oder lanciert worden war. Und dann purzeln nur so die Superlative …

„Bis 2030 soll das Fernverkehrsangebot um 25 Prozent ausgebaut werden“ (nachdem in den Jahren zuvor 100 Städte vom Fernverkehr der DB abgehängt wurden). „Damit sollen weitere fünf Millionen Bundesbürger direkten Anschluss an ICE- und IC-Züge bekommen und 50 Millionen Reisende pro Jahr neu gewonnen werden. … Die Flotte soll durch neue Modelle wie den ICx um rund 100 auf 360 Züge ausgebaut werden. In der 1. und 2. Klasse soll kostenloses WLAN und Bordunterhaltung eingeführt werden“. Auf einmal geht auch Fahrradmitnahme im ICE. Weiter: bundesweit integrierter Taktfahrplan, Platzreservierung 2. Klasse kostenfrei, zusätzliche 3-Monats BahnCard…

„Das in den letzten Jahrzehnten massiv geschrumpfte IC-Netz will der Konzern durch 190 neue Direktverbindungen in die 50 größten Städte wieder erweitern. Bis 2030 sollen nahezu alle deutschen Großstädte im Zwei-Stunden-Takt verbunden werden … Dazu sollen unter anderem 120 neue Doppelstock-Züge eingesetzt werden. Fahrkarten soll es zu Sparpreisen ab 19 Euro geben. Dabei wird der Konzern die Bahncards 25, 50 und 100 unverändert lassen, deren Abschaffung zeitweise intern diskutiert wurde, was aber nach Bekanntwerden auf scharfe Kritik stieß.“ www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.der-konzern-legt-wachstumsplan-vor-die-bahn-will-besser-und-billiger-werden.326033d8-d0d5-4ee4-893e-c5921f2d9302.html

Auch Land und Region Stuttgart sollen profitieren: „Von Dezember 2017 an soll stündlich ein IC als Linie 87 von Stuttgart über Horb, Tuttlingen, Singen und Schaffhausen nach Zürich rollen. „Jeder zweite IC auf dieser Strecke hält auch an Nahverkehrsstationen, etwa in Eutingen“, heißt es bei der Bahn. Ein Jahr später wird diese IC-Verbindung im Zwei-Stunden-Rhythmus weiter ausgebaut. Dann geht es von Stuttgart, via Schwäbisch Hall und Crailsheim nach Nürnberg weiter. „Dadurch gibt es jede Stunde einen IC in  Crailsheim“, so die Bahn. Denn dieser Halt werde auch von der IC-Linie Stuttgart–Nürnberg bedient. In Waiblingen halte dann alle zwei Stunden ein IC. www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bahn-baut-in-der-region-aus-mehr-fernzuege-fuers-land-und-die-region.23b0a238-0560-4db5-a04b-009041026c8c.html
Das Bahnkonzept in Folien: www.deutschebahn.com/file/de/2185918/vXFkUHaAezV9jn2x6UA_gyt2buo/9067832/data/praesentation_neues_fernverkehrskonzept.pdf
Werden jetzt alle Blütenträume der Bahnkritiker und S21- Gegner wahr? Setzt die Bahn jetzt um, was vor genau einem Jahr die Kopfmachen-Konferenz mit ihrem Stuttgarter Manifest für eine neue Bahnpolitik www.bahn-fuer-alle.de/pages/kopf-machen-2014/stuttgarter-bahn-manifest.php gefordert hatte? Räumt die DB ein, wegen ihres zunehmend schlampigen und unzuverlässigen Fernverkehrsangebot ihren entscheidenden Vorteil gegenüber den Fernbussen verspielt und deswegen so viele Fahrgäste verloren zu haben, so dass sie im Fernverkehr inzwischen ein Defizit einfährt?
Ist die Bahn geläutert, was man nur zu gern glauben würde, oder spielt sie nur ihr sattsam bekanntes Spiel des Tricksens und Täuschen weiter? Vieles, was erst auf den zweiten Blick sichtbar wird, nährt die alten Zweifel.

  • Der Schwenk der DB wäre ein 180 Grad Turn, vollzogen vom selben Personal an der Spitze, das bisher Streckenstilllegungen, Bahnhofsschließungen, marode Infrastruktur, weitgehende Abschaffung von Nacht- und Autoreisezügen betrieben und vertreten hat. Aber gut: Saulus wurde Paulus und Merkel hat den Atomausstieg eingeleitet.
  • Es wird ein Zeithorizont bis 2030 aufgemacht. Das riecht nach St. Nimmerleinstag.
  • Viele der zugesagten neuen Züge sind nicht zusätzlich, sondern Ersatzbedarf für Ausrangierte, und dabei oft auch noch qualitativ schlechter (engere Sitzreihen, keine Abteile, weniger Toiletten im ICx, kein Bordrestaurant im Doppeldecker …)
  • Keine Hinweise auf den in die tausende gehenden zusätzlichen Personalbedarf bei Service, Lokführern, Stellwerkern pp?
  • Keine Hinweise zur Finanzierung des Ganzen, es sei denn, das Kalkül der DB besteht darin, die Zuggattung IC zum Regionalverkehr zu erklären und die Länder via Zugbestellungen in die Finanzierung hinein zu locken oder zu zwingen.

In einem Offenen Brief an den DB-Vorstand, der dem alternativen Geschäftsbericht 2014 von „Bahn für alle“ vorangestellt ist www.bahn-fuer-alle.de/media/docs/2015/Alternativer%20Geschaeftsbericht%20der%20DB%20AG%202014.pdf  listen die AutorInnen die wesentlichen wunden Punkte auf. Wenn die DB der sehr nahe liegenden Befürchtung entgegentreten will, dass es sich nur um eine PR-Nummer oder eine Mogelpackung handelt wie die Bahn-für–alle-AutorInnen vermuten, muss sie jetzt schnell erste jetzt schon mögliche Schritte auf diesem Weg gehen.

Am nächstliegenden ist der Einstieg in den Ausstieg aus Stuttgart 21. Denn dieses Projekt liegt völlig quer zu den neuen Versprechungen der DB. Es kostet genau die Milliarden, die für dieses Zukunftsprojekt benötigt werden. Es reduziert auf ewig die Kapazität an einem wichtigen Verkehrsknoten statt sie auszuweiten, es verunmöglicht auch auf ewig den integrierten Taktfahrplan oder „Deutschland-Takt“, wie er auch im Koalitionsvertrag versprochen wurde.

S 21 ist der Leuchtturm der jetzt vielleicht revidierten Philosophie des Hochgeschwindigkeitsnetzes zu Lasten der Fläche.

Sollte die Bahn sich endlich bewegen, wäre das auch ein Erfolg des beharrlichen Widerstands gegen dieses Leuchtturmprojekt, eines Widerstands, der sich immer gegen mehr als gegen einen Bahnhof gerichtet hatte. In diesem Fall gegen eine historisch verfehlte Bahnpolitik.

Selbst wenn es nur die große Windmachine wäre, zeigt der Vorgang doch, dass die DB nicht zuletzt von dieser Bürgerbewegung unter Druck gebracht wurde und jetzt reagieren muss.

Kirchentag 2015 in Stuttgart 21

„Damit wir klug werden“ – ein treffenderes Motto für einen Kirchentag in Stuttgart hätte sich kaum finden lassen. Anlass für die TheologInnen gegen S21, unterstützt vom Aktionsbündnis und dem MoDemo-Team, ein anspruchsvolles Programm auf die Beine zu stellen, das die aktive Unterstützung der ganzen Bürgerbewegung erfordert. Die halbe Republik wird zwischen 3. und 6. Juni zu Gast in Stuttgart sein!

Die Kirchen(tags)leitung steht leider auf der Bremse, was S21 betrifft. Spielräume für die Information der Besucher müssen wir uns selbst schaffen. Geplant ist:

  • eine Großkundgebung am Samstag (6. Juni) vor dem Hbf
  • drei extra Parkgebete (4., 5., 6. Juni) im Schlossgarten
  • eine möglichst flächendeckende Flugblattaktion (3./4. Juni) an Sonderzügen und Unterkünften
  • eine Ausstellung während des ganzen Kirchentags (4. bis 6. Juni) im Parterre des Forum 3 (Gymnasiumstr. 23)
  • Alternative Baustellenführungen
  • und vielleicht eigene Info-Aktionen von Fachgruppen

Für die Ausstellung im Forum3 bitten die TheologInnen alle Gruppen/Initiativen um eine kurze Selbstdarstellung (ca. 700 Zeichen kurz). Bitte zusammen mit einem entsprechenden Logo der Gruppe bis 10. April schicken an ausstellungk21@web.de.
Mehr & Aktuelles s. : http://s21-christen-sagen-nein.org/kirchentag21/

Brandschutz
BER – oder die Unfähigkeit, aus Fehlern zu lernen

Wenn‘s um die Kapazität von S 21 geht, dann wird die Zahl der möglichen Züge und die Kapazität der Bahnsteige für Reisenden hochgelogen, dass sich die Schienen biegen. Wenn‘s um den Brandschutz geht, wird die Zahl der zu rettenden Reisenden heruntergelogen. Das beißt sich. Vielleicht sollte sich die Bahn mal entscheiden, welche Lüge sie uns jetzt auftischen will. Oder positiver, mit Christoph Engelhardt formuliert, welchen Tod das Projekt lieber sterben will. Stand der Dinge:

Christoph Engelhardt im Stuttgarter Rathaus am 11.3.: www.fluegel.tv/beitrag/10706
Hans Heydemann, MoDemo 16.3.: www.bei-abriss-aufstand.de/2015/03/17/rede-von-hans-heydemann-bei-der-264-montagsdemo/
Jürgen Lessart beschreibt in der neuen Ausgabe von KONTEXTWOCHENZEITUNG das ganze Drama beim S 21- Brandschutz und erläutert die ominöse neue, nicht gebräuchliche Technik der Brandschutzfirma BSK – die im Übrigen bisher noch kein Brandschutzkonzept für U-Bahnen oder Bahnhöfe entwickelte:: www.kontextwochenzeitung.de/politik/207/es-brennt-beim-brandschutz-2785.html.

Bürgerhaushalt
Ombudsbüro statt verlogener S21- Werbung auf Kosten der Stadt

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass alles wieder nur ein demokratisches Schattenboxen ist, viele Vorschläge für den Bürgerhaushalt sind wichtig und unterstützenswert. Z.B. zwei Vorschläge der Netzwerke21 www.netzwerke-21.de :

Nach wie vor unterstützt die Stadt Stuttgart die Bewerbung von Stuttgart 21 mit ca. 600.000 Euro pro Jahr. Dieses Geld wird u.a. ausgegeben, um 4 x pro Jahr eine Hochglanzbroschüre in einer Auflage von 180.000 Stück zu drucken und an alle Gemeinden in Baden-Württemberg zu verschicken.

Der erste Vorschlag, Nr. 10004 betrifft die Streichung der Zuschüsse der Stadt Stuttgart.
Vorschlag Nr. 10396 betrifft Forderung nach einem Ombudsbüros, das mehr als bisher die Belange der Bürger vertreten und unabhängig vom Bürgerinformationsbüro der Bahn agieren soll.

Die Einsparidee wurde auch von anderen Initiatoren aufgegriffen. Sie finden diese Vorschläge unter den Internetseiten www.buergerhaushalt-stuttgart.de/vorschlag………/10336,   /11041,   /11085,    /11201,  /11222,  /11376,  /11895, /12261,  /13349. Wenn Sie diese Internetseiten aufschlagen und dafür stimmen wollen werden Sie stets auf den Vorschlag 10004 verwiesen. Damit werden alle Voten zum selben Anliegen automatisch gebündelt.

 

Bitte unterstützen Sie die beiden Vorschläge der Netzwerker auf den Internetseiten

www.buergerhaushalt-stuttgart.de/vorschlag/10004

www.buergerhaushalt-stuttgart.de/vorschlag/10396

Bitte bis zum 30. März abstimmen.

 

Auch die Befürworter warten mit einem Vorschlag auf: die Montags-Raddemo wollen sie verbieten: https://www.buergerhaushalt-stuttgart.de/vorschlag/11901. Drollig! Und ein guter Grund, mal wieder mit zu radeln: s.o.!

 

Stadtentwicklung/Baubürgermeister – Weitere Impulse

 

Die Stadtentwicklungskonferenz von Architekten und Aktionsbündnis und die Neubesetzung des Baubürgermeisteramts haben weiteren Schwung in die „Wessen-Stadt-Diskussion“ gebracht. Die ArchitektInnenkammer fordert eine öffentliche Diskussion mit den BewerberInnen auf die Schlüsselstelle des Stuttgarter Baubürgermeisters  (bisher nur Peter Pätzold): www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.buergermeisterposten-architekten-wollen-diskussion-mit-bewerbern.97142f39-ff44-4674-9dae-a596776ad28f.html. Peter Conradi wird inhaltlich. In einem Diskussionsbeitrag fordert er transparentere Strukturen (Gestaltungsbeirat aus vier auswärtigen ArchitektInnen, aktiver Städtebauausschuss) und wartet mit konkreten Vorschlägen auf für die Entkommerzialisierung der Stadtentwicklung und eine stärkere Orientierung auf Ökologie und Feinstaubreduzierung. „Stuttgart soll in Deutschland die führende Stadt der Energiewende werden“.

http://www.bei-abriss-aufstand.de/2015/03/21/peter-conradi-zukuenftige-staedtebau-und-umweltpolitik-in-stuttgart/#more-56486

 

 

S-21-Protest bei Blockupy

 

Als der Doppeldeckerbus mit GewerkschafterInnen und S21-GegnerInnen Frankfurt/M erreichte, waren die Rauchsäulen über der Stadt längst abgezogen. 20 000 friedlich gesonnene, aber wütende BürgerInnen protestierten bei ungetrübter Frühlingssonne gegen die sinnlose und zerstörerische Austeritätspolitik, für die auch die EZB steht. Und – unser Beitrag – gegen die Scheinheiligkeit einer Finanzpolitik, die sich gegenüber Griechenland als strenger Zuchtmeister gebärdet, zuhause aber die Milliarden für ein absolut unsinniges Milliardenprojekt nur so raushaut und nebenbei noch die EU mit einem glatten Subventionsbetrug um 115 Mio. Fördergelder für S21 prellt. Wer im Glashaus sitzt …

Insgesamt waren vielleicht 150 StuttgarterInnen dem Aufruf der GewerkschafterInnen gegen S21, der Gruppe „Stuttgart 21 ist überall“,  der Blockadegruppe und des ver.di-Bezirks Stuttgart gefolgt. Viele, aber nicht genug, um dem wohlwollende Interesse und dem großen Informationsbedarf der 20.000 zu begegnen.

 

& Gruß von Werner