Im Interview mit der Stuttgarter Zeitung erteilt der Chef der Lokführergewerkschaft dem Skandalprojekt eine Totalabsage:
Stuttgart 21 wird erneut teurer: 11,45 Milliarden Euro. Wie finden Sie das?
Es ist ein Projekt der Deutschen Bahn AG, geplant von Menschen im Geschwindigkeitswahn, die jetzt unglaublich lange suchen müssen, um noch irgendeine vernünftige Begründung dafür zu finden. Was denken Sie denn, warum in Ihrem Umfeld in Stuttgart die ganzen sogenannten Digitalisierungsprojekte angesiedelt sind? Warum man dort krampfhaft versucht, aus dem Acht-Gleise-Bahnhof noch einen Bahnhof zu machen, der irgendwie in den Deutschland-Takt hineinpasst? Es ist eine Fehlleistung vor dem Herrn.
Warum?
Das Eisenbahnsystem fußt nicht auf Geschwindigkeit, sondern auf Zuverlässigkeit von Anschlussverbindungen und auf Pünktlichkeit. Da geht es nicht darum, dass die Menschen zwischen Berlin und Hannover mit 300 km/h befördert werden wollen. Es geht ihnen darum, dass sie nach dem Ausstieg in Hannover alle Anschlüsse in fünf Minuten bekommen. Stuttgart 21 ist das absolute Desaster, nicht bloß finanziell, sondern auch eisenbahnsystemisch. Jeder Kopfbahnhof funktioniert besser als das, was dann dort unten stattfinden wird. Der Berliner Hauptbahnhof ist größer, aber auch von der Konstruktion her geeignet, weil die Züge in jede Richtung fahren und weil über die drei Etagen ein Umsteigeprozess innerhalb von zehn Minuten gewährleistet ist.
Somit fühlen Sie sich in Ihrer früheren Kritik an Stuttgart 21 bestätigt?
Es ist ein Milliarden-Grab – die Tunnel-Lobby hat sich dumm und dämlich verdient. Es ist immer noch mit höchstem Risiko versehen, und für die Region Stuttgart wird es nicht besser. Denn die Frage, ob sie etwa nach Ulm eine Viertelstunde kürzer fahren, ist nicht entscheidend für Reisende. Für die zählt, wann sie losfahren und ankommen. Genau das klappt in diesem Fall nicht.