Sehr geehrter Herr OB Kuhn,

seit über eineinhalb Jahren schwelt der von der DB AG vor Jahresende 2016 beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingeleitete Prozess, mit dem die Bahnspitze rund 65 Prozent aller Mehrkosten, die den Kostendeckel des Finanzierungsvertrags von 4,526 Milliarden Euro übersteigen, auf die Projektpartner abwälzen will (so erläutert und angekündigt im Brief der DB PSU, Herr Peter Sturm an Sie, vom 30.11.2016).

Obwohl durch Ihre Prozessvertretung augenscheinlich alle Sachargumente gegen die Klage erhoben wurden – die „Sprechklausel“ ist keine Zahlklausel, Verjährung drei Jahre nach der 2009 erlangten Kenntnis der DB von etwaigen Mehrforderungen u. a. -, ist bisher regelwidrig kein gerichtlicher Verhandlungs- und Entscheidungstermin bestimmt worden. So etwas geht nur, wenn die Prozessparteien dem zustimmen. Für uns im Aktionsbündnis für den Umstieg von Stuttgart 21 begründet dies den Eindruck der Mauschelei zwischen den Projektbefürwortern, verbunden mit dem Ziel, die gerichtliche Entscheidung durch „vollendete Tatsachen des Baufortgangs“ mehr und mehr zu erübrigen. Das Projekt soll „finster entschlossen“ (Bahnchef Dr. Richard Lutz am Tage nach seiner Wahl) nach dem Motto „nach uns die Sintflut“ durchgezogen werden, damit die gerichtliche Entscheidung keine der Prozessparteien mehr stört.

Wir empfinden dies als unerträglich, weil hier erneut die gebotene rechtsstaatliche Klärung des Konflikts durch Geschäfts- und Machtinteressen der Projektbetreiber auf Kosten der Bürgerschaft ersetzt wird. Das widersprüchliche, aber durchsichtige doppelte Spiel des Prozesses, der nicht vorangeht, sondern im Stillstand verharrt, halten wir für unvereinbar mit den vitalen Interessen der Stadt und ihrer Bürgerschaft. Wie stehen Sie dazu?

 

Mit freundlichem Gruß

Dr. Eisenhart von Loeper