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Kritische Infrastruktur
Stuttgart21 provoziert Risiken

„Während weltweit hektisch darüber diskutiert wird, wie die gravierenden Sicherheitslücken der kritischen Infrastrukturen geschlossen werden können, wird in Stuttgart unbeirrt an einem Projekt festgehalten, das auf Saboteure, Terroristen und verwirrte Einzeltäter geradezu wie eine Einladung wirken muss“, so der Sprecher des Aktionsbündnisses Dieter Reicherter.

Weltweit werden Angriffe auf zivile Infrastrukturen immer mehr zum Mittel hybrider Kriegführung. Sie sollen Panik und Chaos in der Bevölkerung stiften und demoralisieren. Hierzulande wurden Politik und Gesellschaft durch zwei Sabotageakte aufgeschreckt, bei denen vor wenigen Tagen mit geringem, wenn auch sehr professionellem Aufwand der gesamte Bahnverkehr in Norddeutschland für Stunden lahmgelegt wurde.

Die Bahnverantwortlichen räumen ein, dass ihnen die Verletzlichkeit der Bahninfrastrukturen bewusst sei. Dass dies auch für Stuttgart21 gilt, belegen Aussagen in einem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg 2019. Da verweigerte die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH die Einsicht in Informationen zu einer Evakuierungssimulation für die S21-Tunnel unter Hinweis auf die mit einer Bekanntgabe verbundenen Risiken eines Terroranschlags. Hintergrund der beantragten Einsichtnahme waren massive, inzwischen bestätigte Zweifel der Antragsteller an den Brandschutzvorkehrungen des Projekts. Aufwändig, minutiös und mit vielen Illustrationen beschreiben die Anwälte der Bahn eine konkrete „Gefährdungslage:

Es läge nämlich „nicht lediglich eine „allgemeine Bedrohungslage“ vor. Es ist bei den Sicherheitsbehörden sowie darüber hinaus aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit auch allgemein bekannt, dass Infrastrukturen wie Flughäfen und Bahnstrecken hervorgehobene Zielobjekte für Terroristen und Saboteure sind. Infrastrukturanlagen sind deshalb besonders sensibel und bedürfen daher eines besonderen Schutzes. Dieser hat bereits präventiv einzusetzen. So hat das Bundeskriminalamt in jüngster Zeit ausdrücklich vor Terroranschlägen auf Züge gewarnt“. (Schriftsatz vom 19.6.2019, S.35, Anlage).

Seit Jahren weist das Aktionsbündnis die Verantwortlichen öffentlich und in persönlichen Schreiben auf das große Risiko von Anschlägen auf die S21-Infrastruktur hin, so in einem Schreiben an Innenminister Thomas Strobl als höchsten Brand- und Katastrophenschützer des Landes. Ausdrücklich wurde dabei eingegangen auf die tödlichen Gefahren, die von einem Anschlag ausgehen, insbesondere aufgrund des mangelhaften Brandschutzes. Schon bei einem „normalen“ Zugbrand im S21-Tunnel versagen die Brandschutzvorkehrungen der Bahn, insbesondere für Mobilitätseingeschränkte (Behinderte, Alte, Familien mit kleinen Kindern u.a.) – erst recht bei einem gezielt und professionell ausgeführten Anschlag, der maximale Schäden an Leib, Leben und Sachwerten auslösen soll.

Das Angebot an Minister Strobl, in einem persönlichen Gespräch die wissenschaftlich belegte und von Sachverständigen bestätigte Kritik am Brandschutzkonzept der Bahn erläutern zu können, wurde in dessen Auftrag rundweg abgelehnt. Ebenso waren auch die Regierungspräsidentin Susanne Bay, der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper sowie sein Branddirektor Georg Belge (der im Unglücksfall seine Feuerwehrleute in die Tunnelröhren und den Tiefbahnhof schicken muss) nicht zu einem Gespräch bereit. Auch ein alarmierender Bericht von Report Mainz, der die gravierenden Mängel thematisierte, beeindruckte offenbar nicht.

„Wer sich so kategorisch jeder Auseinandersetzung über die Risiken der kritischen Infrastruktur S21 entzieht, nimmt seine Verantwortung für Leib und Leben von Millionen Fahrgästen, die jedes Jahr die Bahn nutzen, wie auch für das Bahnpersonal und für die Rettungskräfte nicht ernst und verletzt seinen Amtseid. Die Unumkehrbarkeit des Projekts ist ein bequemer und gefährlicher Mythos. Das Einlassen auf Sachargumente und Alternativen ist gerade in diesen Zeiten mitunter eine Überlebensfrage“, so Reicherter.

Kontakt:
Dieter Reicherter, 07192 930 522 oder 0151 263 711 31
Werner Sauerborn, 0171 320 980 1