Einer der Hauptverantwortlichen für das S21-Debakel verlässt das sinkende Schiff
„Dass DB-Vorstand Ronald Pofalla bei seinem Ausscheiden keine Abfindung und auch keine Auszahlung für die verbleibende Amtszeit erhält, kompensiert in keiner Weise den Schaden, den er im Zusammenhang mit Stuttgart 21 angerichtet hat“, so Bündnissprecher Martin Poguntke. Noch in seiner Amtszeit als Kanzleichef bei Kanzlerin Merkel hat Pofalla Anfang 2013 durch massive Interventionen über den Aufsichtsrat die Fortsetzung des Projekts erzwungen, das gerade nach einem Kostensprung von 4,5 auf 6,3 Mrd. € die selbst gesetzte Grenze der Wirtschaftlichkeit übersprungen hatte.
Dass Pofalla nun genau zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eines nicht zuletzt wegen Stuttgart 21 vermutlich verheerenden Jahreswirtschaftsberichts der DB zurücktritt, passt ins Bild. Auch Merkels Festlegung auf Stuttgart 21 und ihre unsägliche Bemerkung „Deutschlands Zukunftsfähigkeit“ hänge von Stuttgart21 ab, dürfte Pofallas Fehlberatung anzulasten sein. Angesichts in letzter Zeit laufender Hiobsbotschaften über Kostenexplosionen, fehlenden Brandschutz, unlösbare Kapazitätsprobleme und klimapolitischen Rückschritt hat sich diese These inzwischen in den Beweis ihres Gegenteils umgekehrt. Kein Wunder, dass seither keine weiteren großen Bekenntnisse der Ex-Kanzlerin zu Stuttgart 21 mehr bekannt geworden sind.
Quasi als Honorierung seines erfolgreichen S21-Lobbyings war Pofalla 2015 ohne Einhaltung einer Karenzzeit („Abkühlungsphase“ zur Begrenzung von Interessenkonflikten) auf hochdotierte Jobs bei der DB gewechselt: sehr bald als Vorstandsmitglied, ab 2017 für Infrastruktur zuständig und damit unmittelbar verantwortlich für S21. Ausdrücklich zuständig war Pofalla seither immer für „politische Kontaktpflege“.
2013 zeigten Eisenhart von Loeper, bis vor kurzem Sprecher des Aktionsbündnisses, Dieter Reicherter, Vorsitzender Richter am Landgericht a.D. und neuer Sprecher des Aktionsbündnisses, sowie der verstorbene frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi Pofalla wegen des Verdachts der Untreue an. Der Vorwurf: er habe die drei Staatssekretäre im Aufsichtsrat der DB genötigt, gegen die Unternehmensinteressen das Projekt fortzusetzen. Die Staatsanwaltschaft Berlin stellte allerdings die Vorermittlungen wieder ein. Ein Vorsatz sei nicht nachweisbar gewesen.
Wenn die Ampel-Koalition ihre Absicht wahr macht, den Infrastrukturbereich der DB zu einer gemeinwohlorientierten Sparte des Konzerns umzubauen, dürfte für Lobbyisten à la Pofalla kein Platz mehr sein. Auch diese Aussicht wird zum Ausstieg von S21-Vorstand Pofalla beigetragen haben. „Vielleicht“, so Bündnissprecher Poguntke, „führt der Rückzug von immer weiteren S21-Protagonisten – die ja lediglich aus Gründen der Gesichtswahrung an dem Projekt noch festhalten – zu dem längst fälligen Stuttgart 21-Offenbarungseid.“
Kontakt:
Martin Poguntke 0151 40360256
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