Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim gab heute den Klagen der Schutzgemeinschaft Filder e. V. und des NABU Baden-Württemberg teilweise aus verfahrensrechtlichen Gründen statt und erklärte den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamts für rechtswidrig und daher nicht vollziehbar.
En detail stellt der VGH fest, dass die Zusammenfassung des Eisenbahnprojekts und des Straßenbauprojekts L1202/L1192, Südumgehung Plieningen, in einem gemeinsamen Verfahren nicht zulässig war.
Gleichwohl stellt der VGH fest, dass die Verfahrensmängel in einem ergänzenden Verfahren geheilt werden können.
Liest man die das Urteil „begrüßende“ Pressemitteilung der Deutschen Bahn AG zum heutigen Urteil, könnte man zum Ergebnis kommen, dass es sich hier um eine Bagatelle handelt. Dem ist keineswegs so. Der peinliche Rechtsfehler im Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamts dokumentiert immerhin die Fehleinschätzungen gleich dreier Beteiligter: der Deutschen Bahn AG, des Regierungspräsidiums Stuttgart als Anhörungsbehörde im Verfahren und schließlich des Eisenbahn-Bundesamtes als Planfeststellungsbehörde. Hier offenbart sich ein weiteres Glied einer inzwischen langen Kette von Fehlplanungen, Fehleinschätzungen und krampfhaften Bagatellisierungsversuchen bei einem inzwischen wegen zahlloser Detailmängel längst unhaltbar gewordenen Fehlprojekt.
Bedauerlich ist, wie der VGH Mannheim mit den sehr ernsten Themen Brandschutz und Gefährdung von Leib und Leben von Fahrgästen umgeht. Dies gilt besonders
- für die zahlreichen, steilen und langen Tunnels von Stuttgart 21,
- den unzulässig längsgeneigten Bahnsteigen im Tiefbahnhof sowie
- für den 27 Meter unter der Messe liegenden Bahnhof.
Zwar anerkennt der VGH einige vorgetragene Mängel beim Brandschutz, verweist diese allerdings in die Ausführungsplanung. Dies halten wir angesichts des Gefahrenpotentials im gesamten Projekt, erst recht seit des kürzlichen Brandes eines ICE zwischen Köln und Frankfurt, für unbefriedigend. Dies erinnert im Übrigen fatal an die Brandschutzproblematik beim Flughafenprojekt BER.
Der Flughafenbahnhof unter der Messe wird außerdem im Urteil gegen einen weitgehend ungefährlichen und wesentlich kostengünstigeren Bahnhof in der durchlaufenden Strecke als vorzugswürdig abgewogen. Hier steht im Mittelpunkt der Argumente der längere Weg zu den Flughafenterminals. Dabei wird die technische Möglichkeit eines bequemen Fußgängertransportsystems schlicht übersehen. Zudem wird der äußerst unkomfortable und zeitaufwendige Zugang zum Bahnhof unter der Messe ohne Rolltreppen, nur mit Aufzügen und einem etwa 10-stöckigen Treppenhaus begehbar, ebenso ignoriert, wie die Gefahren im Brandfall.
Bedauerlich ist ferner, dass der VGH den Argumenten der Schutzgemeinschaft Filder zum Erhalt der Gäubahn auf der Panoramastrecke nicht gefolgt ist. Hierzu und zur vielfach fehlerhaften Planrechtfertigung des Gesamtprojekts Stuttgart 21 wird die Schutzgemeinschaft im anstehenden Teilverfahren 1.3b erneut sachlich und fachlich vortragen und dabei auf ihren ausführlichen Einspruch zum gesamten Filderabschnitt 1.3 hinweisen.
Unser weiteres Vorgehen werden wir nach der noch ausstehenden Urteilsbegründung und nach der Besprechung mit dem Rechtsanwalt der SG Filder, Dr. Lieber, kundtun.
Kontakt:
Steffen Siegel, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Filder: 07158 5850
Frank Distel, Stellv. Vorsitzender: 0171 9597273