Wenn man wie Herr Milankovic weiterhin meint, Stuttgart 21 beziehe „seine demokratische Legitimation aus der Volksabstimmung von 2011“, dann ist die rechtliche Gegenwehr, am Ende der ganze Widerstand gegen das Projekt im Grunde abwegig. Wäre es das von Herrn Milankovic zitierte Argument, mit dem die Projektgegner ihre Kritik an der Volksabstimmung begründen, hätte er sogar recht. Dass es 2011 nur um den Landesanteil gegangen wäre, ist formal richtig. Dennoch ging es in der damals von Grün-Rot der Bürgerbewegung angesetzten Volksabstimmung ums Ganze und nicht nur um den Landesanteil, und zwar für beide Seiten.

Ihre Legitimation hat die Volksabstimmung vielmehr verloren, weil die Faktenlage, auf der sie stattgefunden hat, falsch war, ja, wie wir inzwischen wissen, in vielen Punkten bewusst falsch dargestellt wurde. Hätte man damals die Wahrheit gesagt, dass nämlich die Ausstiegskosten viel niedriger waren, die Projektkosten aber doppelt so hoch, die Fertigstellung nicht 2019 sondern 2024 & x zu erwarten ist, und der Bahnhof kleiner wird als der alte, dass der Nesenbachdüker nicht „unter laufendem Rad“, sondern um den Preis einer fast vierjährigen Sperrung von Hauptadern der Stadtbahn erfolgen würde, die Volksabstimmung wäre wohl anders ausgegangen!

Auch missversteht Herr Milankovic die Auseinandersetzung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Es geht hier eben, wie so oft bei dem Projekt, nicht allein um einen Bahnhof, sondern um den Verfassungsgrundsatz der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland. Das gestrige Urteil hat dieses Verfassungsprinzip gefährlich unterhöhlt, indem es die Bahn, weil in privater Rechtsform, aus der staatlichen Norm herausnimmt. Der DB AG wie anderen vergleichbaren öffentlichen Unternehmen, steht nun frei, dort zu investieren, wo die meisten Zuschüsse fließen, oder eben diese entsprechend zu erpressen. Es geht hier also nicht um Prozesshanselei des Aktionsbündnisses, sondern um eine zentrale Verfassungsnorm, deren Entwertung durch das gestrige Urteil der dringenden Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht bedarf.