Irgendwann wird jemand für die Milliarden ungedeckter Kosten, die mit jedem Tag Weiterbau von Stuttgart 21 ansteigen, gerade stehen müssen. Da scheint die DB AG verstärkt den Bund ins Auge zu fassen. Es müsse, so Bahn-Chef Lutz kürzlich im Interview mit der Stuttgarter Zeitung, geklärt werden, ob der Bund „Teil der Lösung sein will“. Ohne den Bund, der ja schließlich alleiniger Eigentümer der Bahn AG sei, hält Lutz die Finanzierung der bisher offiziell eingestandenen ungedeckten Kosten von fast vier Milliarden Euro für „nicht möglich“ (Stuttgarter Nachrichten vom 14. August 2018).

Die Bahn werde offensichtlich nervös, weil sie befürchten muss, auf Kosten in noch ganz anderer Größenordnung sitzen zu bleiben, so Rechtsanwalt und Bündnissprecher Dr. Eisenhart von Loeper. Es gehe nicht nur um jetzt schon von unabhängigen Gutachtern auf mindestens 5,5 Milliarden Euro taxierten ungedeckten Kosten, sondern auch um alle weiteren Kosten und Risiken des Stuttgarter Skandal-Projekts, als da sind: Weitere sich bereits abzeichnende teure Verzögerungen aufgrund technischer Probleme und fehlender Baugenehmigungen. Zudem gibt es nach wie vor keine tragfähigen Lösungen für den Brand- und Überflutungsschutz und schon jetzt werden teure Weiterbaumaßnahmen („Verbesserungen“) geplant, um die zu geringe Kapazität von Stuttgart 21 irgendwie zu heilen – ein Fass ohne Boden, das die DB, wenn nicht in die Insolvenz, so auf Jahre in die Handlungsunfähigkeit treiben würde.

Der Wink mit dem Zaunpfahl Richtung Bund¹ mache auch deutlich, dass die Bahn nicht viel Hoffnung in den von ihr im Dezember 2016 gegen die Projektpartner angestrengten Rechtsstreit setzt, so von Loeper. Dieses Verfahren, das einen Offenbarungseid in der Frage der Mehrkostenträgerschaft bringen würde, wird von der DB mit Billigung des Gerichts und der Projektpartner so gut es geht verzögert. Der Streitstoff sei mit 1400 Seiten Gerichtsakten so umfänglich, dass es frühestens 2019 zu einer ersten Verhandlung kommen könne, so ein Gerichtssprecher. Gerichtspraktiker, wie der ehemalige Vorsitzender Richter am Landgericht a. D. Dieter Reicherter meinen, auch ein solches Aktenvolumen sei bei gutem Willen in einer Woche durchgearbeitet, bei wirklicher Überlastung müssten zur Verstärkung des Gerichts neue Stellen angefordert werden.

„Dass nun Milliarden Euro in noch nicht einmal absehbarer Höhe dem Steuerzahler vor die Füße gekippt werden sollen, ist ungeheuerlich und eine Vergesellschaftung der Kosten einer gigantischen Misswirtschaft, ohne dass je Verantwortlichkeiten geklärt und strafrechtliche Konsequenzen gezogen worden sind“, so von Loeper. Das Aktionsbündnis fordert daher einen Baustopp zumindest bis zur Klärung der Mehrkostenträgerschaft sowie die umgehende Aufnahme von strafrechtlichen Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen für das S21-Desaster in der  Politik und bei der DB AG.

 

Kontakt:
Eisenhart von Loeper 07452 4995
Werner Sauerborn 0171 320 980 1

 

 

 

¹ Mit anderer Begründung argumentierte auch Matthias Gastel, Bahnpolitiker der Grünen Bundestagsfraktion im Verkehrsausschuss am 11. Juni: „Diese politische Einflussnahme durch verschiedene Bundesregierungen macht auch deutlich, dass diese sich angesichts steigender Kosten aus der Finanzierung nicht einfach billig davonstehlen kann. Ohne die Stützung und Unterstützung des Bundes wäre dieses Projekt längst gescheitert.“