Sehr geehrter Herr Dr. Grube, sehr geehrter Herr Dr. Kefer,

trotz des schleppenden Baufortschritts bei Stuttgart 21 haben Vertreter der DB AG unablässig öffentlich wiederholt, dass die Zeitvorgabe Dezember 2021 als Termin für die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 nicht gefährdet sei. Genau dies hat die DB AG auch im S 21- Lenkungskreis vom November 2015 ihren Projektpartnern gegenüber vertreten.

Das am 16. Dezember in Berlin veröffentlichte Gutachten des Verkehrsplanungsbüros Vieregg-Rößler GmbH hat nun festgestellt und begründet, dass Stuttgart 21 vor allem wegen der komplexen Bauarbeiten am geplanten Tiefbahnhof frühestens Ende 2024 in Betrieb gehen könne und damit auch deutlich teurer werde. Die DB AG hat dies entschieden zurückgewiesen, obwohl das Dossier aus dem Bundesverkehrsministerium „Informations-Workshop der DB AG für die AR-Vertreter am 5. Februar 2013“ damals schon berichtete:

„Allein aus der realistischen Veranschlagung der Planfeststellungsdauer ergibt sich nach Angaben der DB AG ein zusätzlicher Verzug von 32 Monaten, das heißt die Inbetriebnahme würde sich von 2021 auf 2024 verschieben.“

Auffällig und dringend klärungsbedürftig ist nun Folgendes:

In der Berichterstattung zu den Anfang Januar stattgefundenen „Tagen der offenen Baustelle“ war davon die Rede, dass bereits in fünf Jahren Züge durch den neu erstellten Tiefbahnhof fahren würden. Nicht nur das Zitat des BMV von 2013, sondern auch ein ganz neuer Vorgang belegt indessen, dass Sie intern längst von ganz anderen Zeitplanungen ausgehen:

Anlässlich der „Tage der offenen Baustelle“ hatten Sie einen Plan für die langjährigen, hochkomplexen Bauarbeiten des Südkopfes aushängt, der allen Bekundungen zum Trotz schon jetzt einen deutlichen Zeitverzug bei dem Großprojekt aufweist. Danach soll der Rohbau des letzten Trogbaufelds 23 erst im Januar 2021 fertig gestellt werden. Darüber haben die Netzwerke der von Stuttgart 21 betroffenen Anwohner auf ihrer Webseite ausführlich informiert: http://netzwerke-21.de/?p=13851.

Nach diesem Bauablauf ist eine Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Dezember 2021 endgültig nicht mehr haltbar. Der offizielle Zeitplan, den die Bahn auch zuletzt vor zwei Monaten im Lenkungskreis und in der Öffentlichkeit präsentiert hat, sah eine Fertigstellung des Rohbaus bis Ende 2019, den bahntechnischen Ausbau bis Ende 2020 und anschließend einen einjährigen Testbetrieb vor. Zwar war im Lenkungskreis von einem Optimierungsbedarf am Südkopf zur Stabilisierung der Inbetriebnahme 12/2021 die Rede. In der anschließenden Pressekonferenz hieß es jedoch Ihrerseits, dass die eingetretenen Verzögerungen mit erheblichen Gegensteuerungs-maßnahmen noch aufgeholt werden könnten. Von einer verzögerten Inbetriebnahme war nicht die Rede.

Eine Inbetriebnahme von Stuttgart 21 ist nach diesem Zeitplan einschließlich der bahntechnischen Ausrüstung des Südkopfes und einem einjährigen Testbetrieb frühestens Mitte 2022 möglich.

Weitere Verzögerungen in das Jahr 2023 hinein sind bereits absehbar.

Auch der jetzt, Januar 2016, womöglich unabgestimmt bekannt gewordene Bauzeitenplan ist insofern schon wieder Makulatur, als das Baugeschehen am Südkopf ihm deutlich hinterherhinkt. Am Nesenbachdüker müssten bereits einzelne Abschnitte in offener Bauweise erstellt sein. An den Baufeldern 22 und 25 haben die mehrfach angekündigten Hauptbauarbeiten mit den Gründungsarbeiten im schwierigen Untergrund des Stuttgarter Talkessels noch nicht einmal begonnen.

Dabei ist das Baufeld 22 für den weiteren Baufortschritt der Bahn und SSB am Südkopf von zentraler Bedeutung. Die SSB will bereits Mitte 2018 ihre neue Haltestelle Staatsgalerie auf dem von der Bahn fertig erstellten Trogblock in Betrieb nehmen. Mit weiteren Bauverzögerungen für die neue SSB-Haltestelle „Staatsgalerie“ und ihrer neuen Zulaufstrecken, die vom Baufortschritt der Bahn am Südkopf abhängig sind, muss ebenfalls gerechnet werden.

Unabhängig von den vorbezeichneten, dringend aufzuklärenden Widersprüchen sei – entgegen dem offiziellen Ausklammerungsversuch – angemerkt: Auf den Fildern wird der Planfeststellungs-abschnitt 1.3 aufgespalten in 1.3a und 1.3b. Für den Abschnitt 1.3.a gibt es noch keine Planfeststellung und für den Abschnitt 1.3.b nicht einmal eine Bauplanung, geschweige denn Antragstellung beim EBA. Einen zweijährigen Zeitverzug haben Sie für den Abschnitt 1.3.b eingeräumt. Allein dadurch wird sich also der Fertigstellungstermin zwangsläufig dramatisch um mindestens weitere zwei Jahre verzögern. In dieser Zeitspanne wird dann die eminent wichtige IC-Verbindung zwischen Zürich und dem Stuttgarter Hauptbahnhof unterbrochen sein.

Ihr Herr Dr. Leger, DB Projektbau, hat mehr Transparenz und Aufklärung versprochen. Umso mehr fordern wir Sie höflich auf, diesen guten Worten Taten folgen zu lassen und die mitgeteilten krassen Widersprüche des behaupteten Termins der Fertigstellung von S 21 realitätsnah zu bereinigen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Eisenhart v. Loeper

Sprecher des Aktionsbündnisses