Liebe Freundinnen und Freunde,

mit Mail-Kommunikation dürften die S21-Strippenzieher inzwischen etwas vorsichtiger sein, nachdem man bei Mappus gesehen hat, wie das enden kann. Aber offensichtlich haben sie andere Wege der Verständigung gefunden. Zufall kann es jedenfalls nicht sein, wie gleich in der ersten Woche der Filderanhörung die ersten Bagger schon mal das Baufeld für die Trasse freiräumen, während in der Messe noch über die Plangenehmigung diskutiert wird (s. Beitrag von Sacha Schmierer in StZ 27.9., der auch die windigen Ausreden beleuchtet, mit denen sich die DB AG hinter dem Baurecht der Telekom versteckt): http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.fildertrasse-von-stuttgart-21-bagger-raeumen-schon-das-baufeld.8dd22234-551f-4a6a-a138-29705f1b78d8.html.

Genauso wenig kann man an Zufall glauben, wenn das Eisenbahnbundesamt just am dritten Tag der Filderanhörung seine Genehmigung des Grundwassermanagements (doppelte Menge Wasserentnahme) erteilt (s.u.),  dem genau vor einem Jahr im selben Format und in derselben Messehalle eine ähnliche Anhörung vorausgegangen war.

Die Bahn zieht alle Register der psychologischen Beeinflussung der Filderanhörung. Faktenschaffen und entmutigen, das soll ihr jetzt abermals über die Hürden helfen. Denn mit jedem Tag wird deutlicher, wie die Bahn auch hier in der Klemme ist, was zuletzt bei den Sicherheitsthemen Brandschutz und Rettungskonzept wieder deutlich wurde. Wie beim Berliner Großflughafen, dem Stuttgarter Tiefbahnhof, so fehlt auch bei dem noch viel tiefer in die Erde vergrabenen Flughafenbahnhof nach 10 Jahren Planung eine überzeugende Lösung. Was Brände in Tunneln und Tiefbahnhöfen für Risiken für Mensch und Leben bedeuten, hat u.a. Hans Heydemann von den Ing22 unter großem Applaus vorgetragen. Bericht dazu von Matthias Durchdenwald in StZ 27.9.:http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.eroerterung-zu-stuttgart-21-die-feuerwehr-kritisiert-das-brandschutzkonzept.164fcd6a-719e-40b7-b72d-847f89d91862.html

Was die Bahn besonders beunruhigen wird: Diesmal sind es nicht nur die S21-GegnerInnen, sondern auch unmittelbar Betroffene und Fachleute, die mit „So nicht!“ reagieren, wie eingangs OB Klenk, die zuständige Kreisfeuerwehr oder die Baubürgermeisterin von LE, Eva Noller, die bezweifelte, dass die Freiwillige Feuerwehr die schwierige Rettung im 27 Meter tiefen Bahnhof bewältigen könnte. „Das ist wie in einem neunstöckigen Hochhaus, aber alle zu rettenden Menschen sind im obersten Geschoss. Unsere Feuerwehr ist dem nicht gewachsen“, sagte sie (StZ).

Der Bahn dämmert womöglich, dass sie mit ihrer Antragtrasse nicht durchkommt. Zu absurd. Vieles deutet daraufhin, dass die Antragtrasse nur als Rammbock dient, um nachher wieder auf den Plan B eines Bahnhofs unter der Flughafenstraße zurückzukommen. Der ist zwar kaum besser, ist teurer, hat aber weniger Feinde. Um dieser Variante als „Kompromiss“ den Weg zu ebnen, muss aber der Kostendecke gesprengt werden. Und auch da sind die S21-Netzwerker schon wieder bei der Arbeit:

Die Bahn sagt, ihr Plan B sei nicht mehr 224 Mio. Euro teurer, wovon noch im Filderdialog ausgegangen wurde, sondern nur noch 40 Mio. Die Alternativlösung werde zwar nicht billiger, die Antragstrasse werde aber teurer. Da springt gleich der alerte Martin Körner, neuer Fraktionschef der SPD im Rathaus auf Kanzleiters und Roswitha Blinds Spuren auf, und erklärt sich flexibel, für eine so kleine Summe den Kostendeckel zu lupfen. (aktuell auch: www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-spd-will-gespraeche-zum-filderbahnhof.f307ccb3-bd10-403f-8881-ff4ac6599e6b.html).  Da könnte er sich mit Kretschmann treffen, dem der Kostendeckel nichts Grundsätzliches, sondern „eine Frage der Größenordnung“ ist. Konstantin Schwarz in StN 23.9.: http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-mehrkosten-von-flughafenbahnhof-plus-zu-hoch.c11535c1-0050-476f-9954-8a8884f52b31.html.

Die Grüne Gemeinderatsfraktion äußerte sich hingegen kritisch zum drohenden Einknicken der SPD.

Keine Überraschung: Grundwassergenehmigung

Dass das EBA trotz aller Bedenken und Einwände auch die Verdopplung der zu entnehmenden Grundwassermenge genehmigen würde, konnte nur die überraschen, die das EBA für eine unabhängige Behörde halten. Aber mit diesem Missverständnis räumt das EBA gleich selbst auf: Stuttgart 21 diene „der Steigerung der Attraktivität des Schienenverkehrsangebots und zugleich der Erhöhung der städtebaulichen Handlungsoptionen der Landeshauptstadt Stuttgart“, heißt im Genehmigungsbescheid. Und: „Es liegt daher im öffentlichen Interesse, dass die neue Eisenbahninfrastruktur nunmehr errichtet und dann auch in Betrieb genommen werden kann.“ www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kommentar-zur-grundwasser-genehmigung-fuer-s-21-kein-persilschein-fuer-die-bahn.256ea977-8a82-4d63-8d1e-02f90331c790.html.

Wer so ignorant das Mantra der S21- Befürworter nachplappert, hat jede Glaubwürdigkeit und Seriosität in der Sache verloren.

Enttäuschend auch Umweltminister Untersteller, der dem EBA einen Persilschein („korrekter Verlauf“) ausstellte, ohne die Genehmigung ernsthaft geprüft haben zu können: www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.grundwassermanagement-bei-stuttgart-21-ein-blick-in-das-genehmigungsschreiben-vom-eisenbahn-bundesamt.94e2c51a-7c5d-4cd3-923f-5f384f142f57.html

Die Filderanhörung bleibt spannend und besuchenswert  und die KritikerInnen unterstützenswert, weil es immer wieder gelingt, den Dilettantismus der Bahn und die Verbiegungen der S21-Fangemeinde hautnah mitzubekommen – auch wenn das EBA auch hier wieder alle abnicken sollte.

Vom Montag bis Donnerstag geht es um Leistungsfähigkeit und Probleme der Antragstrasse. Hier hat die DB eine Entgegnung auf das Gutachten der TU Dresden angekündigt. Sprechen werden auch Steffen Siegel und Frank Distel von der Schutzgemeinschaft. Und dann um Alternativen für die Fildertrasse. Ab Montag, den 6. Oktober, geht es dann (in der Filderhalle in LE) um die Planrechtfertigung insgesamt. Hier wird Dr. Engelhardt eingehen auf den Versuch der DB AG, die Argumente gegen den Leistungsrückbau zu entkräften.

„Stoppt Talheim 21!“

Undank ist der Welten Lohn! Vor drei Jahren bei der Volksabstimmung hatten die Talheimer (Stadtteil von Horb) noch mit 80 Prozent für Weiterbauen gestimmt. Am vergangenen Mittwoch dann war die Welt in Talheim eine ganz andere: Die ganze Stadt war förmlich aus dem Häuschen und zu einer Protestversammlung gekommen. 1000 Leute, die Medien einschließlich SWR dabei, 1600 Unterschriften (Einwohner Talheim: 2300) wurden übergeben – gegen 1,8 Mio Tonnen Abraum von S21-Tunneln, die in einen Steinbruch bei Talheim verfrachtet werden sollen, was, Rückfahrt eingerechnet, alle 4 bis 6 Minuten ein schwerer LKW durch Talheim bedeutet – und das fünf Jahre lang.

Die Bürger sind wütend. Das war ihnen bei der Volksabstimmung verschwiegen worden. Eine Erfahrung, die viele andere inzwischen auch gemacht haben (in der Volksabstimmung hieß es noch, S21 werde ohne Beeinträchtigung der Stadtbahn, unter rollendem Rad, gebaut – eine von vielen Lügen). Jetzt lernen auch die Talheimer S21 kennen. Mit von der Partie, auch mit rechtlichem Rat: Dr. Eisenhart von Loeper aus dem benachbarten Nagold, Sprecher des Aktionsbündnisses. www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.horb-a-n-talheim-21-es-geht-um-1-8-millionen-tonnen.3a42ab92-d8e7-4a3f-b906-a8b7a5252a9b.html

www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/horb-talheim-buerger-wehren-sich-gegen-s21-bauschutt/-/id=1622/nid=258368/did=14230486/iuwh29/