(hier diese Pressemitteilung als pdf-Datei)

Stuttgart 21, Rosensteinbebauung, AEG-Novellierung und die Vorwürfe von Winfried Hermann

Laut Stuttgarter Zeitung vom 16.10.24 wirft Landesminister Winfried Hermann denen Vertrauensbruch vor, die aus Klimaschutzgründen und zur Sicherung der Zukunft des Bahnverkehrs Abriss und Bebauung weiterhin dringend nötiger Bahngleise verhindern wollen. Das ist ein Vertrauensbruch ausgerechnet eines Grünen Verkehrsministers, der noch heute die zu schwache Leistung des im Bau befindlichen Tiefbahnhofs beklagt. Hermann macht sich damit zum Fürsprecher einer breit angelegten Kampagne für eine Revision der gerade vom Bundestag beschlossenen Novellierung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG §23), die die Priorität generell auf den Erhalt von Schieneninfrastruktur setzt, womit die Rosensteinbebauung verunmöglicht und stattdessen der Bestand von Kopfbahnhof und Gäubahnanschluss sichergestellt würde.

Wer ein Projekt, das er einmal mit Inbrunst und guten Argumenten bekämpft hat, nun trotz all seinen falschen Versprechungen verteidigt, der begeht den Vertrauensbruch. „Das ganze Projekt Stuttgart 21 ist ein einziger Vertrauensbruch. Denn es ist mit der Lüge auf den Weg gebracht worden, es verbessere massiv den Bahnverkehr, obwohl es immer um ein Immobilienprojekt ging, das den Bahnverkehr massiv behindert“, so Bündnissprecher Martin Poguntke.

Die Sorge, dass dieses nun scheitern würde, schweißt alte Bündnisse und Seilschaften der S21-Protagonisten wieder zusammen. Statt die Kampagne für eine Rücknahme der neuen Regelung zu befeuern, stünde es Tageszeitungen mit einer regionalen Monopolstellung gut zu Gesicht, statt einseitiger Berichterstattung auch kritische Argumente zu Wort kommen zu lassen. Der Bau von 5000 Wohnungen werde sabotiert, heißt es da. Kein Wort davon, dass diese Wohnungen frühestens in den 40-er Jahren und dann vermutlich zu unbezahlbaren Mieten zur Verfügung stünden, und dass schon jetzt und längst viel Wohnungsbau in gleicher Größenordnung an vielen Stellen der Stadt möglich wäre. Kein Wort davon, dass eine Inbetriebnahme von S21 in den Sternen steht und nach Auffassung unabhängiger Bahnexperten die Kapazität der Kopfbahnhofgleise für die Verkehrswende unverzichtbar ist. Schwer erträglich ist auch, wenn von einem Grünen Minister alle Warnungen in den Wind geschlagen werden, dass mit einer Großbebauung in der klimasensiblen Frischluftschneise die Aufheizung der Innenstadt für viele Menschen noch belastender würde.

„Man kann nicht nach 30 Jahren Planung sagen, man habe sich das nun anders überlegt“, meint der Minister. „Nach 30 Jahren allerdings, in denen alle Warnungen von Anfang an in den Wind geschlagen wurden und das Projekt derzeit immer tiefer in eine Sackgasse fährt,“ so antwortet Poguntke, „ist es – im Gegenteil – verantwortungsbewusst und ein Zeugnis von Selbstkritikfähigkeit, sich nun auf die neue Rechtslage einzustellen und die finanziellen und personellen Ressourcen der Stadt für die wirklich dringenden Themen zu nutzen.“

Stattdessen betreiben die Stuttgarter S21-Parteien seit Wochen auf allen politischen und parteipolitischen Schienen massiven Lobbyismus für eine Rücknahme der AEG-Regelung. Das Aktionsbündnis hat darauf mit einem Brief an Bundesbauministerin Geywitz und andere reagiert: https://kopfbahnhof-21.de/briefe/nicht-entwidmung-von-bahnflaechen-fuer-s21-stadtentwicklungsprojekt-offener-brief/. Auch darüber wäre eine inhaltliche Berichterstattung in den Stuttgarter Tageszeitungen wünschenswert gewesen.

Jetzt soll der Stuttgarter Gemeinderat am 7. November eine Verfassungsbeschwerde gegen das neugefasste AEG beschließen. Der Bundesgesetzgeber habe in die Kommunalhoheit eingegriffen. Schwer zu glauben, dass das BVerfG eine solche Beschwerde auch nur annehmen würde, nachdem die Stadt sehenden Auges die eindeutig dem Bahnverkehr gewidmete Fläche gekauft hatte, in der blauäugigen Annahme, sie für ihr Immobilienprojekt nutzen zu können.

Anlässlich der Gemeinderatssitzung ruft das Aktionsbündnis zu einer Protestkundgebung vor dem Rathaus auf gegen die Absicht der Stadt, ein Sondergesetz („Lex S21“) im Sinne ihres Immobilienprojekts zu erwirken. Kundgebung am 7.11. um 16h, Sitzungsbeginn um 16.30h

Kontakt: Martin Poguntke, 0151 403 602 56, Werner Sauerborn, 0171 320 980 1