(hier als pdf-Datei)
Liebe Freundinnen und Freunde,

die Hiobsmeldungen über den drohenden Klimakollaps überschlagen sich förmlich, aber die verantwortliche Politik, das zeigt dieser unsägliche Wahlkampf, werkelt mit ihrem kleinen Karo einfach weiter. Klimamaßnahmen ja, aber nur wenn dies oder das als Bedingung erfüllt wird. Als ließe sich die Natur oder die Physik Bedingungen stellen. Auch die Fridays kritisieren den „verlogenen Wahlkampf“, in dem die Parteien das Klimathema instrumentalisierten, ohne dabei auch nur ansatzweise ausreichend Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise zu vertreten. „Keine der möglichen Koalitionen wird ohne den massiven Druck von der Straße die 1,5-Grad-Grenze einhalten“, sagt die Hamburger Fridays-Sprecherin Maia Stimming https://www.taz.de/!5798009 und kann sich dabei auf eine Studie des DIW / Prof. Claudia Kempfert berufen: https://www.wiwo.de/politik/deutschland/bundestagswahl-wahlprogramme-reichen-nicht-fuer-deutsche-klimaziele/27596968.html

Ähnlich ignorant verhält sich die verantwortliche Politik beim Klimathema Stuttgart21. Das wird wieder deutlich bei der gerade hochlaufenden Debatte über Winnie Hermanns unterirdischen Kopfbahnhof, einem der vier Projekte aus dem Grün-Schwarzen Koalitionsvertrag, die Stuttgart21 ergänzen sollen, in Wirklichkeit aber nur untaugliche maßlos teure und klimabelastende Reparaturversuche an einem längst gescheiterten Projekt sind. Kein Wort im Streit zwischen Pätzold/Nopper und Kretschmann/Hermann im Pro und Contra dieses Vorhaben über die Klimafolgen. War nicht die Prüfung der Klimaverträglichkeit bei allen Vorhaben eine der großen Forderungen der Grünen?

Das Aktionsbündnis schreibt dazu in einem Aufruf zur Unterstützung des Global Strike Day am Freitag einer Pressemitteilung: „Wir lassen uns nicht in die Schein-Alternative zwischen entweder einem zu kleinen Tiefbahnhof oder klimabelastenden sogenannten Ergänzungsbauwerken hineinzwingen“ PM s. Anlage.

Trotz allem Frust über klimaignorante Politik: die Bundestagswahlen sind wichtig! Nicht weil uns die eine Partei oder Koalition retten wird, sondern weil die Chancen, dass Bürgerproteste von Fridays oder S21-Gegner*innen in der Politik durchdringen in der einen Konstellation besser sind als in der anderen – konkret: in einer Rot-Grün-Roten Koalition besser sind als in allen anderen. Wichtig dabei ist die Beteiligung der LINKEn, die sich als einzige Bundestagspartei den Widerstand gegen Stuttgart21 unterstützt und die in ihrem Programm die weitestgehenden klimapolitischen Forderungen vertritt. Andere Koalitionen, vor allem mit starken Anteilen von CDU und FDP wären klimapolitisch und im Blick auf Stuttgart21 eine Festlegung auf das Weiterso.

Dass es – so oder so – des Drucks von unten bedarf, sehen auch die jungen Klimaaktivist*innen so:

24. September auch in Stuttgart
Zum achten Mal: Global Strike!
In Deutschland soll an diesem Tag in 428 Städten demonstriert werden. Weltweit wollen sich laut Fridays 1160 Gruppen über alle Kontinente hinweg an den Protesten beteiligen. Der allen gemeinsame Anlass ist die in knapp sechs Wochen in Glasgow stattfindende UN-Klimakonferenz. Hier werden die Regierungen aller Länder damit konfrontiert werden, dass
sie die Klimazielen von Paris nach derzeitigem Stand nicht nur nicht erreichen werden, sondern sich sogar von ihnen weiter entfernt haben: statt das 1,5 Grad–Ziel zu erreichen, zeigt ein aktueller UN-Bericht, „dass die Welt auf einem katastrophalen Weg zu 2,7 Grad Erwärmung ist“, so UN-Generalsekretär Antonio Guterres. „Das ist der Bruch des Versprechens von 1,5 Grad aus dem Pariser Abkommen.“ https://taz.de/UN-Klimaziele-vor-dem-Scheitern/!5797656/
Dass der Global Strike nicht nur 6 Wochen vor Glasgow, sondern auch zwei Tage vor der deutschen Bundestagswahl stattfindet, sollte dem Protest zusätzlichen Schub verschaffen.

Global Strike in Stuttgart
Ausdrücklich mobilisieren die Fridays generationsübergreifend und breit. In einem Schreiben der Stuttgarter Fridays an das Aktionsbündnis heißt es daher:

Lieber Martin, lieber Werner und liebe Menschen vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21,
am 24.09 wird Fridays For Future einen großen globalen Streik im Namen der Klimagerechtigkeit abhalten. Für Stuttgart beginnt dieser um 12:00 im Stadtgarten mit einem Demozug und endet in einer Kundgebung mit einem Klimagerechtigkeitsfestival ab 13:00 Uhr im Oberen Schlossgarten für alle Menschen!
Zu dieser Aktion laden wir euch ganz herzlich ein, denn für uns ist ein breites Bündnis wichtig, um Klimagerechtigkeit zum Teil unseres täglichen Lebens zu machen. Wir schätzen euch als Organisation ganz besonders, da durch eure Expertise und Zielgruppe Klimagerechtigkeit eine neue und einzigartige Perspektive hinzugefügt wird.
Darum bitten wir euch, uns in unserem Aufruf zum Global Streik anzuschließen!
Zusätzlich laden wir euch ganz herzlich dazu ein bei dem Klimagerechtigkeitsfestival am Ende des Demozuges einen Infostand von euch aufzubauen oder eine kreative Idee einzubringen, die zum Thema einer klimagerechten Welt passt. Unser Ziel ist es, eurer Expertise eine Plattform zu bieten und den Menschen auf dem Festival die Möglichkeit, sich möglichst divers mit Klimagerechtigkeit auseinanderzusetzen. …
Des Weiteren, laden wir euch ganz herzlich zu unseren Diskussionsrunden ein. Auf dem Festival möchten wir einen Raum kreieren, in dem Menschen ungezwungen ins Gespräch kommen können und sich über ihre Gedanken und Gefühle in einem sicheren Rahmen austauschen können…
Klimagerechte Grüße, Lea – FFF Stuttgart

Also …:

– Der Demozug in Stuttgart startet um 12:00 im Stadtgarten. Wer als Ordner*in unterstützen kann, bitte kurz vor Beginn am Brunnen ebendort treffen.
– Bitte Klimabanner mitbringen und tragen helfen. Die DIN A 3 – Plakate werden auch bereitstehen.
– Herzliche Einladung kreative Ideen, Sprüche, Aktionen zum Thema Klima/S21 einzubringen!
13:00 im Schlossgarten Kundgebung mit anschließendem Klimagerechtigkeitsfestival. Bitte an den angebotenen Diskussionsrunden teilnehmen!
– Bei der Kundgebung wird das Aktionsbündnis mit einem Stand vertreten sein – sicher auch weitere Gruppen der Bürgerbewegung
– weitere Updates gibt es auf den Social Media Kanälen der Fridays https://fridaysforfuture.de/allefuersklima/

581. Montagsdemo am Tag nach der Wahl
18h, Schlossplatz
Davor RadDemo 17.45 ab Feuersee
Danach Demozug
Genaueres später auf https://www.bei-abriss-aufstand.de/

11 Jahre Schwarzer Donnerstag/ 30.9.
Erinnern gegen das Weiterso
Auch wenn es kein runder Jahrestag ist, der 11. September 2010 war ein tiefer Einschnitt und ein Lehrstück, aus dem bis heute kaum Konsequenzen gezogen werden. Was Rambo Mappus mit der Brechstange und Investorenfreund Schuster nicht schafften, setzten ihre grünen Nachfolger im Amte auf die biegsamere Tour fort.

Unter den derzeitigen klimapolitischen Vorzeichen an Stuttgart21 festzuhalten, es gar noch um weitere 47 km Tunnel zu „ergänzen“, kommt einem Klimaverbrechen gleich, wie es im Aufruf zu einer Kundgebung am 11. Jahrestag heißt:
Alexander Schäfer hat aus Anlass des Jahrestags noch einmal den passenden Film von Vaclav Reischl eingestellt – mir den Schlüsselszenen von 2010 und der nachfolgenden Hochzeit der Proteste – und mit viel Peter Grohmann:

20. September 2021 schaeferweltweit

 

Nach dem Streik ist vor dem Streik
David erfolgreich gegen Goliath
Politischer Punktsieg für die GDL in ihrem mit viel Sympathie und Solidarität der S21-Gegner*innen geführten Arbeitskampf gegen gleich mehrere Goliaths: gegen die mit allen Wassern gewaschene DB, gegen eine von den Medien geputschte öffentliche Meinung und gegen die konkurrierende, größere EVG, die leider vom DGB gestützt den Kampf der GDL ziemlich unsolidarisch begleitete.
Ausführliche Einschätzungen und Informationen dazu in der maßgeblich von Winnie Wolf herausgegebenen Streikzeitung Nr. 2, darunter die Reden des stv. GDL-Vorsitzenden Norbert Quitter und von Tom Adler auf der 576. bzw. 577. MontagsDemo: https://streikzeitung-pro-gdl.de/
Dass der Arbeitskampf der GDL so hart geführt wurde und werden musste, um dieses materiell nicht unbedingt sensationelle Ergebnis zu erreichen, liegt an der vertrackten Situation, dass hier zwei Gewerkschaften gegeneinander konkurrieren. Solange diese eigentlich dem Gewerkschaftsgedanken widersprechende Situation fortbesteht, dürfte der nächste heftige Arbeitskampf nicht lange auf sich warten lassen.

Kurzes Gewerkschafts-Einmaleins
Gewerkschaften wurden gegründet, damit Arbeitnehmer*innen (besser: Lohnabhängige) nicht als Einzelne der Übermacht der Arbeitgeber (meist des Kapitals) gegenüberstehen und gegeneinander und gegen Arbeitslose ausspielbar sind. Ihr (Gegen-)Druckmittel ist der grundgesetzlich geschützte Arbeitskampf (Koalitionsfreiheit). Das funktioniert aber nur, wenn möglichst viele Arbeitnehmer*innen in einem Betrieb, besser in einer Branche, an einem Strick ziehen, d.h. der Organisationsgrad hoch ist. Es geht hier nicht um das Machtstreben und die Egomanie von Herrn Weselsky. Größe und hohe Organisationsgrade zu erreichen ist das Grundprinzip von Gewerkschaften. Das folgenreiche Problem der Gewerkschaften ist seit Längerem, die (Tarif-)Einheit in den jeweiligen Betrieben und Branchen nicht mehr herstellen zu können und sich auch noch in Konkurrenzen gegeneinander zu verschleißen. Im ungünstigen Fall, wie z.B. bei Lufthansa/Cockpit, setzen dann die durchsetzungsstärkeren Arbeitnehmer*innengruppen (z.B. die Piloten) bessere Abschlüsse zulasten der schwächeren Belegschaftsteile durch. Im weniger ungünstigen Fall der DB hat die GDL mit hohem, auch finanziellem Einsatz einen Erfolg erzielt, der nun auch auf die Mitglieder der EVG übertragen werden wird, weil weder EVG noch DB zusehen wollen, wie alle Bahner*innen zur GDL wechseln, weil die die besseren Abschlüsse erstreikt. Die Perspektive für die Gewerkschaftsvertretung bei der Bahn muss daher Gewerkschaftseinheit sein. EVG und GDL müssen zusammenkommen, Tarifabsprachen treffen, langfristig auch organisatorisch kooperieren oder fusionieren. Die gute Nachricht für alle Bahnfahrer*innen ist: eine starke, einheitlich auftretende Gewerkschaft, die ihre Ressourcen nicht im Kampf gegeneinander verbraucht, erreicht bessere Ergebnisse auch ohne Streik, weil eine geschlossen vertretene Streikandrohung oft schon dieselbe Wirkung hat wie ein opferreicher Streik.

GDL und Stuttgart21-Gegner*innen
An und von GDL
Das Aktionsbündnis hat an die GDL geschrieben: an den stellvertretenden Vorsitzenden Norbert Quitter, der auf der Montags-Demo am 30. August unter großem Beifall eine Rede an uns gehalten hat. Hier der Brief im Wortlaut (hier als pdf-Datei):
Lieber Herr Quitter, liebe GDL-Gewerkschafter*innen!
Wir Stuttgart 21-Gegner*innen haben uns sehr gefreut, dass Sie vorletzte Woche auf einer Montags-Demo zu uns gesprochen haben – und vor allem: wie Sie uns den Rücken gestärkt haben. Dafür wollen wir auf diesem Wege noch einmal von Herzen Danke sagen.
Wir nehmen seit geraumer Zeit wahr, dass der GDL-Vertreter der Einzige im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn ist, die sich gegen das zerstörerische Projekt S21 wendet. Und wir verfolgen mit großer Sympathie, dass die GDL immer wieder für eine Bahn eintritt, die der Bevölkerung nützt und nicht den Investoren. Wir sehen, dass die GDL nicht auf das Trugbild hereinfällt, hohe Investitionen in die Bahn – womöglich in Auslandsbeteiligungen – führten gleich zu einer besseren Bahn. Denn entscheidend ist die Frage, ob diese Investitionen wirklich einem bürgerfreundlichen Bahnverkehr dienen. Dazu gehört auch für uns, dass nur zufriedene Bahn-Mitarbeiter*innen eine gute Bahn darstellen können. Dafür steht die GDL in unseren Augen.
Deshalb wollen wir Ihnen in den augenblicklichen Tarif-Kämpfen gerne den Rücken stärken bei Ihren Forderungen nach guter Bezahlung aller Bahn-Mitarbeiter*innen und einer guten Rente. Null-Runden sind sicher weder angemessen, noch helfen sie der Bahn, eine gute Bürgerbahn zu werden.
In der Hoffnung, dass eines Tages auch die Gegnerschaft zwischen GDL und EVG auf gute Weise aufgehoben sein wird, grüßen wir Sie herzlich,
Martin Poguntke, Sprecher Aktionsbündnis gegen S21

… und die Antwort von Norbert Quitter vom 13.9.:
„Lieber Herr Poguntke,
vielen Dank für Eure Solidaritätsbekundung, über der wir auch unsere Mitglieder informieren werden. Es ist immer gut, wenn man in seinem Kampf für gerechte und nachvollziehbare Ziele Unterstützung und Solidarität erfährt. Euer Kampf für einen Hauptbahnhof in Stuttgart der den anstehenden Aufgaben gewachsen ist und ohne das „verbuddeln“ von Steuergeldern auskommt verdient unseren Respekt. Insbesondere weil weder Bahnvorstände, aber auch der eine oder andere Politiker bereit sind, Eure Vorschläge anzuhören oder gar ernsthaft zu prüfen. Dies aus reinem Egoismus.
Viele Grüße
Norbert Quitter“

Welche Bahn? Unsere Bahn!
Diskussion über Zukunftsfragen der Bahn-Organisationsform
Die Fehlentwicklungen der DB–Privatisierungen, Rückbau der Infrastruktur, Stuttgart 21 haben viel mit dem Organisationsmodell eines eigenwirtschaftlichen politisch entkoppelten Betriebs zu tun, in das die Bahnen Ost und West mit der Bahnreform von 1994 überführt wurden. Der Handlungsdruck in Richtung einer Bahnreform II ist hoch und wird sicher Thema in der nächsten Legislatur sein.
Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob Betrieb und Infrastruktur aus einer Hand betrieben werden sollen, was angesichts des inzwischen hohen Anteils Privater deren Rückführung unter öffentliche Fittiche erfordern würde.
„Gut 40 Prozent des Nah- und Regionalverkehrs und rund 45 Prozent des Schienengüterverkehrs entfallen inzwischen auf Nicht-DB-AG-Unternehmen. Nur im Fernverkehr gibt es noch eine Einheit von Netz und Betrieb. Bezogen auf alle Fahrleistungen (Personen-Kilometer und Tonnenkilometer) entfallen aktuell mehr als 35 Prozent auf Nicht-DB-AG-Unternehmen“, schreibt Winnie Wolf in der Streikzeitung s.o.
Die Diskussion, ob, welche und wie eine Trennung von Betrieb und Infrastruktur erfolgen oder die Einheit wieder hergestellt werden soll, verläuft politisch querbeet: „Die Forderung nach Herauslösung der Infrastruktur aus dem Bahnkonzern wird aktuell nicht nur von politisch rechts Stehenden gefordert (FDP). Sie ist im bahnaffinen Lager (VCD, Grüne, BUND, Pro Bahn, GDL) ebenfalls stark vertreten. Wohingegen die Verteidigung des „integrierten Bahnkonzerns“ seitens konservativer Parteien (CSU, CDU), seitens des schienenverkehrsfeindlichen Bahnvorstands und seitens der DB-AG-konformen EVG gefordert wird.“
Auch bei den Protagonisten von Bahn für alle und bei der im Aktionsbündnis vertretenen Expertengruppe „Bürgerbahn statt Börsenbahn“ gehen die Meinungen dazu auseinander, werden aber in einer sehr informativen und solidarischen Weise diskutiert und zwar zwischen Bernhard Knierim (CONTRA Trennung von Netz & Betrieb) und Winnie Wolf („PRO Herauslösung der Infrastruktur aus dem Bahnkonzern als Schutzmaßnahme“). Ebenfalls Streikzeitung s. oben.

Grüne Luftnummer
Stuttgart von der Renaissance des Nachtzugs abgehängt
So schön könnte es sein, mit dem Nachtzug nach Bratislava, Brest, Moskau, Glasgow oder Lissabon zu reisen:


Das jedenfalls ist die Netzvision 2030+, die die Bundes-Grünen 11 Tage vor der Bundestagswahl präsentieren – mit all den guten Argumenten, die für die Renaissance der Nachtzüge sprechen und mit all der Kritik an der Beerdigung des Nachzugangebots der DB: https://www.gruene-bundestag.de/themen/mobilitaet/mit-dem-nachtzug-durch-europa

„Kleiner“ Schönheitsfehler: Stuttgart als zentraler Verkehrsknoten im Südwesten kommt in dem Konzept nicht vor. Einfache Erklärung: Stuttgart 21, das die Grünen ja inzwischen fördern und fordern, ist nicht nachtzugtauglich.
Das aus mehreren Gründen: Nachtzüge sind zu schwer und zu lang für den verkleinerten Tiefbahnhof: je nach Lauf ist ein Nachtzug 15 Wagen lang und moderne Schlafwagenwaggons sind deutlich schwerer, weil sie oft als Doppelstockwagen fahren, über 60 Schlafplätze bieten (bisher eher um die 30), teilweise mit zusätzlichen Komfortabteilen und eigenen Nasszellen. Diese Züge sind für die Steigungen im Fildertunnel und auf der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm zu schwer.
Da die Bahnstromnetze z.B. zwischen Frankreich und Deutschland spezielle Lokomotiven oder Lokwechsel erfordern, sind bahnhofsnahe Stellflächen erforderlich, über die der Kopfbahnhof reichlich verfügt, nicht mehr dagegen Stuttgart 21. Die Ein- und Aussteigezeiten bei Nachtzügen sind erheblich länger als bei normalen Reisezügen. Bei nur noch 8 Gleisen und viel zu schmalen Bahnsteigen – völlig unrealistisch bei Stuttgart 21.
Ein Punkt mehr, bei dem sich Stuttgart 21 als bahnverkehrlicher und klimapolitischer Sündenfall erweist. Aber das scheint die als Inbegriff des Klimaschutzes gehandelten Grünen nicht zu stören.

Antwort auf Christian Heims Frage an Robert Habeck
Für Klima oder für Stuttgart 21?
Am 23. August hatten Christian Heim und Nina Picasso an Robert Habeck geschrieben. Sie wollten wissen, wie sich die ambitionierten Aussagen der Grünen Partei mit ihrer Akzeptanz von Stuttgart21 vertragen.
Jetzt kam die Antwort von einem „Grünen Dialogteam“ im Auftrag von Robert Habeck. Sie beginnt so:
„Bevor ich unten noch auf Stuttgart 21 eingehe, eines vorweg: Uns GRÜNEN liegt der Klimaschutz sehr am Herzen. Wir Grüne im Bundestag kämpfen für wirksamen Klimaschutz und die ökologische Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.“
.. lässt sich dann weitschweifig über die Grünen Programmpositionen aus, um dann zu enden:
„… Daher braucht es eine Ergänzungsstation am zukünftigen Hauptbahnhof, die das zeitgleiche Halten von Zügen im Sinne des Deutschlandtaktes und deutlicher Zuwächse für den Schienenverkehr ermöglicht.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit weiterhelfen. Mit freundlichen Grüßen Vera Becherer“

Frage und Antwort, s. hier als pdf-Datei

Bewegungsforscher Dieter Rucht
Repertoire an Protest- und Widerstandsformen bei Weitem nicht ausgereizt
Wenn es um Einschätzungen und Befindlichkeiten von Bürgerbewegungen geht, ist der Berliner Soziologe Prof. Dieter Rucht ein häufig gefragter Experte, dies auch mehrfach zur S21-Protestbewegung.
In der taz vom 22.9. wird Rucht zur Protestform des Hungerstreiks, wie ihn derzeit Klimaaktivist*innen im Berliner Regierungsviertel praktizieren, gefragt. Die Antworten von Rucht verweisen auch auf Defizite und Chancen der (Klima-)Bewegung gegen S21 beim Thema Ziviler Ungehorsam:
„taz: Aber können Sie denn auch die Verzweiflung einer Generation verstehen, die im Klimawandel aufgewachsen ist und in ihrer Lebenszeit extreme Einschränkungen von Freiheit und Sicherheit durch diese Krise zu befürchten hat?
Natürlich, aber das Repertoire an anderen Protest- und Widerstandsmöglichkeiten ist bei Weitem noch nicht ausgereizt. Damit meine ich nicht nur fröhlich-freundliche Straßenproteste, sondern auch zivilen Ungehorsam. Sowohl in Qualität als auch in Quantität ist das Spektrum da noch nicht ausgeschöpft.
Sollte die Klimabewegung von symbolischen Aktionen des zivilen Ungehorsams – etwa der Besetzung eines Kohletagebaus – zu solchen Protesten übergehen, die praktische Auswirkungen haben?
Ja, es gibt Protestformen, mit denen man die Routinen des Alltags stört. Und wenn man sagt: Wir haben das versucht, da kommen nicht genug Leute – dann muss man es erst mal anders versuchen.
Das heißt im Prinzip, dass am besten Fridays for Future als große Bewegung mit riesigem Rückhalt die Autobahnen blockieren sollte?
Fridays for Future ist diesen Schritt des zivilen Ungehorsams über den Schulstreik hinaus bisher nicht gegangen. Das könnte sich allmählich ändern. Man muss dabei aber sehr darauf achten, dass man das Gros der Bevölkerung nicht gegen sich aufbringt, sondern vielmehr Verständnis weckt. Es kommt auf die Kommunikation mit der Öffentlichkeit an.“ https://taz.de/Bewegungsforscher-ueber-Klimaprotest/!5797788/

Winfried Hermann verleiht Matthias Lieb den Verdienstorden des Landes
Wofür?
Keine Frage: Matthias Lieb, der Landesvorsitzende des VCD hat viel bewegt, war häufig mit seinen, verbandsintern nicht immer abgestimmten Positionen in den Medien. Kritik an der Verkehrspolitik des Landes: eher unterbelichtet. Beim Thema Stuttgart21 mal offen, mal durch die Blume ziemlich auf Grünen-Linie, vor allem Hermanns unterirdischer Kopfbahnhofstation hat Lieb wohlwollend begleitet. Die Frage also, wofür Matthias Lieb geehrt wurde, lassen wir hier mal offen.
https://mobilitaetswende-bw.de/matthias-lieb-erhaelt-verdienstorden-des-landes/

Dienstag 28. 9. 14 bis 16h
Erstaunlich kurze Sitzung des S21 Ausschusses
Nach der Bundestagswahl werden einige Hiobsbotschaften zu Stuttgart21 aufpoppen, z.B. Kostensteigerungen, auch bei der Neubaustrecke (Stichwort: Schäden womöglich durch kapitale Planungsfehler an der Filstalbrücke). Dies wird aber wohl noch nicht in der S21-Ausschusssitzung am kommenden Dienstag Thema sein. Denn die soll nur 2 Stunden dauern und sich nur mit einem Bericht des Stadtplanungsamts zum Thema Bebauung Gleisvorfeld befassen, wie sich aus der in cheffigem Grün unterzeichneten Einladung von Bürgermeister Pätzold ergibt (hier als pdf-Datei).

& viele Grüße von Werner